Peter Glotz: Von Heimat zu Heimat

Von Edelgard  Richter

 

 

„Von Heimat zu Heimat“

Erinnerungen eines Grenzgängers

 

Im Econ-Verlag erschien das letzte Buch von Peter Glotz, dem ehemaligen Senator für Wissenschaft und Forschung in Berlin. Es ist die Niederschrift eines Intellektuellen, der im Grunde heimatlos in Deutschland war und zuletzt in der Schweiz lebte. In Eger dem heutigen Cheb in Tschechien geboren, gehörte Peter Glotz mit seiner Familie zu den vielen Heimatvertriebenen nach dem Zweiten Weltkrieg, ohne dass er Wiedergutmachungs- oder Rückgabeansprüche stellte. Eine prägende Erfahrung war für ihn „Im Westen nichts Neues“ von Erich Maria Remarque, die ihn für immer den Krieg hassen lehrte.

 

„Von Heimat zu Heimat“ spannt einen weiten Bogen durch die jüngste Geschichte der Bundesrepublik Deutschland, an der Peter Glotz kein Unbeteiligter war. Es ist ein Buch, dass Geschichte und Gegenwart zugleich sichtbar macht. Dafür sollten wir dem Autor dankbar sein.

 

Obwohl seine Neigung in jungen Jahren Theater und Schauspiel galten, musste er sich als mittelloser Flüchtling dem Broterwerb widmen und kam so – fast ohne sein Zutun – in die Politik. Fasziniert von Dag Hammerskjöld, John F. Kennedy und Willy Brandt trat er 1961 in die SPD ein, wo er keiner Kontroverse aus dem Wege ging, wenn er den Weg einmal für richtig erkannt hatte. Er engagierte sich für die Bildungspolitik und setzte die Frauenquote im Deutschen Bundestag durch. Allerdings sprach sich Peter Glotz schon 1990 gegen eine Erweiterung der Europäischen Union durch osteuropäische Staaten aus. Für ihn stand die Stärkung der Gemeinschaft der Zwölf im Vordergrund, wobei er durchaus für eine Vernetzung der europäischen Staaten eintrat, damit sie nie wieder Krieg gegeneinander führen könnten. Inzwischen ist die Osterweiterung vollzogen, aber die Handlungsfähigkeit der EU eingeschränkt.

 

Schon 1969 schrieb Peter Glotz zusammen mit Günter Verheugen in dem Papier „Sozialliberale Initiative für die achtziger Jahre“: „Die sozialen Sicherungssysteme sind auf eine andere als die jetzige Wachstumsrate eingestellt und können deswegen nicht in all ihren Elementen gehalten werden“, was ihm wütende Proteste der Gewerkschaften einbrachte. Ende der 90er Jahre kam die Wahrheit ans Licht!

 

In seiner Rede vor dem Deutschen Bundestag am 21. Juni 1990 sagte er unter anderem: „Deswegen befürchte ich, dass die DDR zu einem Wirtschaftsgebiet zweiter Ordnung werden könnte, zu einem bloßen Absatzmarkt, einem Land der Filialen, einer Region ohne eigene Wirtschaftsdynamik.“ – Er sollte recht behalten. Aus Angst, die Ossis zu verschrecken, wurde die offen zutage liegende Wahrheit auch vom Bundeskanzler Gerhard Schröder verschwiegen.

 

Der Intellektuelle Peter Glotz  verstarb nach kurzer, schwerer Krankheit am 25. August 2005.

E.R. / Dela Press

 

Econ- Verlag, München

Preis: 24,90 EURO

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