Das kleine 1x1 der Psychologie, Psychotherapie und Hypnose

Aktuelle Betrachtungen zu Heinz Rosmannecks Standardwerk

Von Ramin Rowghani

 

 

Was kränkt die Seele und den Körper? Entwicklung, Orientierung, Auswege.

 

Heinz Rosmanneck ist ein Phänomen, als Mathematiker und Ingenieur widmete er sich erst in der 2. Lebenhälfte der Psychologie zu. Sein 217-Seiten langes Buch „Das kleine 1x1 der Psychologie, Psychotherapie und Hypnose“ ist ursächlich anders ist als bisherige Psycho-Literatur, von der ja der ganze Markt boomt, fast modisch überschwemmt wird. Übliche Bücher, die wie Pilze aus der Erde sprießen, von vielfach selbsternannten Seelen- und Trend-Experten stellen subjektiv ein modisches Thema dar, wollen ultimative Antworten geben, werden nicht nur bald wieder aus der Hand gelegt, sondern ebenso schnell wieder jemandem weitergegeben, der kein näherer Bekannter, Freund oder gar Intellektueller ist, weil man sich ja nicht blamieren will.

 

Bei Heinz Rossmanneck ist es anders, obwohl der Titel ähnliches oben erwähnte erahnen läßt. Die Technik sollte nicht mehr sein Lebensinhalt sein, sie erfüllte ihn nicht mehr, sein Zweitstudium widmete er der Psychologie und Psychotherapie, ernährte mit seiner hochfrequentierten Praxis zwei Familien und wurde durch Dozententätigkeit und schließlich die Präsidentschaft des zweitgrößten Psychologenverbandes in Deutschland populär. Die Lebens- und Praxiserfahrung drängte ihn zum Buch nd es fand reißenden Absatz, vor allem bei Praktikern jeglicher Couleur.

 

„Einwirkung und Reaktion verständlich gemacht" heißt es im Untertitel und impliziert zunächst, daß Seele eine Einwirkung erlebt und eine wie auch immer geartete Reaktion zeigt. Somit steht von vornherein der Gegensatz zum psychiatrischen Ansatz, der gerne die Gene zum Hauptübeltäter psychologischer oder psychiatrischer Erkrankungen denunziert.

 

Rosmanneck geht wie viele Psychologen weiter. "Konturiertes Wissen in der theoretischen Darstellung der Entwicklung des menschlichen Seins" will Rosmanneck vermitteln. Als Heinz Rosmanneck 1990 den Freien Verband Deutscher Psychologen, Psychotherapeuten und Psychologischer Berater e.V. (FVP.) in München gründete, der einige Jahre später in seinen heute verwendeten kürzeren Namen umgewandelt wurde, Verband Freier Psychotherapeuten und Psychologischer Berater e.V. (VFP.), gab er zeitgleich dieses Standardwerk heraus, das in Klarheit ein Extrakt und Erweiterung ist bisheriger bewährter analytischer und therapeutischer Ansätze der menschlichen Seele und zudem praktische Ansätze zur Hilfe liefert. Was heute gern schnell als "Therapie" bezeichnet wird, empfahl er besser als "Hilfe bei der Aufarbeitung und Überwindung sozialer und individueller Lebenskonflikte", ein Überschrift, die sein Nachfolger Prof. Dr. Rainer Johannes Wallerius als ideales Motto für seelische Hilfemaßnamen einstufte. Somit richtet sich das Buch nicht nur AN Psychologen und Psychiater, sondern an alle helfenden und heilenden Berufen wie Pädagogen, Theologen, Sozialarbeiter, Heilerziehungspfleger, Erzieher und Heilpraktiker. Elemente der Tiefenpsychologie, Psychoanalyse (Freud), analytischen Psychologie (Jung) und kognitiven Psychotherapie (Beck / Elis) sind genauso enthalten und werden verbunden mit hypnotherapeutischen Maßnahmen und Anwendungen, die sich aus der Praxis ergeben und keiner Therapie-Schule oder -Richtung angehören.

 

Rosmanneck und seine langjährige Praxis-Kollegin und Koautorin Ingrid Ninnemann führen kurz klassisch ein mit Begriffen wie: Bewußtsein, Geist, Intelligenz, Psychologie, Seele, Ratio und Unbewußtes. Ludwig Klages wird zitiert: "Der Leib ist die Erscheinung der Seele, die Seele der Sinn des lebendigen Leibes" (S.8), Seele und Körper würden durch den Geist beeinflußt werden, die Kognitionen beeinflussen den Geist, der Geist den Körper, eine Erscheinung wie es der Berliner Psychologe und Pädagoge Prof. Dr. Ralf Schwarzer formuliert, daß "alles mit allem zusammengehört". Eine Grundproblematik sei, daß das Gleichgewicht von Körper und Seele ins Wanken gerät, weil auch der Geist oftmals durch Einflüsse verirrt und "das, was die Seele erregt, vom Körper beantwortet wird, und was den Körper trifft, trifft auch die Seele" ( S. 9). Wechselwirkungen aller negativen Einflüsse sind diagnostisch zu erkennen und zu beeinflussen, somit sind seelisch verursachte körperliche Leiden niemals (schul-)medizinisch oder naturheilkundlich ausreichend beeinflußbar. Resultate seelischer Unausgeglichenheit führen nicht nur zur verbreiteten Neurose, wie es Sigmund Freud bei jedem diagnostiziert, sondern auch zur Psychose, der manifesten Geisteskrankheit, die von vielen Psychiatern gerne als genetisch disponierte Krankheit chemisch behandelt wird und somit die Heilung ausbleiben muß.

 

Schon im 1. Akt, 5. Szene des Hamlet werden Energien erkannt, die nicht technisch einzuordnen sind; "Es gibt mehr Dinge im Himmel und auf Erden, als eure Schulweisheit sich träumt" und gerade dies wird in der Betreuung und Behandlung vom Menschen oftmals mißachtet, weil gerne einkategorisiert wird und nur eingleisig, monokausal behandelt wird per Katalog.

 

Die Psychoanalyse bildet sinnvolle Hilfe-Ansätze und soll dennoch ihre Grenzen kennen, wenn sie nicht mehr helfen kann, sie soll vielmehr ein Ausgangspunkt für eine Psychotherapie sein, die eine "glückliche Symbiose von Wissenschaftlichkeit, Erfahrung und Menschlichkeit" sein (S.16). Ein Erkennen der Grenzen gehören ebenso zur psychologischen Betreuung wie das Fortsetzen mit individuellen Therapien: "Wo nicht geholfen werden kann, muß es noch Trost geben und wo es keinen Trost mehr gibt, verliert jedes helfende Wollen in der Psychologie an Seele, an Wert." (S.17)

 

Das Verdrängen

 

Verdrängen bringt Krankheit, aber es schafft uns auch, schwierige Lebenslagen zu überstehen. Das mehrfach seelisch geschundene Kind, der mit der Peitsche geschlagene kleine Adolf Hitler und der mit dem Hosengürtel geprügelte Walt Disney haben in den allermeisten Fällen eines gemeinsam: Die Fähigkeit und das Gewährenlassen der Verdrängung, um vorhandenes Grausame ertragen zu können. Hitler entwickelt eine offensichtlich krankhafte Persönlichkeit, die gerade aktuell der Männerforscher und Serientäter-Forscher Volker Elis Pilgrim gerade neu analysiert (Hitler 1 und Hitler 2 – das sexuelle Niemandsland) Walt Disney flüchtet sich in eine Traumwelt, gepaart mit Alkohol und unmäßigem Tabak-Konsum und andere machen anderes.

 

Freuds "Urverdrängung" zeigt erstmalig einen Vorgang, der vom Bewußtsein ausgeschlossen blieb, Heckhausen (1969) bezeichnet dies moderner als "motiviertes Vergessen". Hilft die Verdrängung nicht mehr, beginnt der Betroffene, unsäglich zu leiden und endet z.B. in Alkohol, Tabak- und Tablettensucht. Walt Disney stirbt auf dem Höhepunkt seiner Karriere und Reichtum am Lungenkrebs und wie es uns Joachim C. Fest und Bernd Eichinger im Film "Der Untergang" durch Bruno Ganz demonstrierte, Hitler im Parkinson, Menschenhaß und Größenwahn. Konversionsneurosen, die sich also in der Somatisierung (Ralf Schwarzer) bemerkbar machen, werden zwar medikamentös behandelt, "aber ohne psychotherapeutische Aufklärung und

Führung" nicht oder nur unzureichend geheilt werden können; möglicherweise ist die Entwicklung einer Psychose (...) nicht ganz auszuschließen." (S.23).

 

Im zweiten Teil des Buches geht Rosmanneck auf die Symptomgesetzlichkeit der Seele ein, er erweitert den Neurosebegriff von Freud und dem schottischen Arzt Cullen (1776) zu einem Sammelbegriff aller nicht psychotischen seelischen Störungen und Reaktionsweisen (S.40). Kurz werden Neurosetypen und Definitionen zusammengefaßt nach den bekannten Autoren J.H. Schulz. Schulz-Hencke, Jung, Adler, Jaspers, Frankl, Binswanger, Schottlaender, Pawlow, Wolpe und Eysenck. Die Liste derjenigen, die sich mit Neurosen auseinandergesetzt haben, könnte beliebig fortgesetzt werden und zeigt, wie unklar der Begriff ist. Nur in einer Hinsicht muß die Neurose klar abgegrenzt werden: zur Psychose.

 

(Rosmanneck, H., Ninnemann, I.:  Das kleine 1x1 der Psychologie, Psychotherapie und Hypnose, München 1990)

 

E.A.M. Januar 2018/ R.R.

 

Kommentare: 1
  • #1

    Gerda Christel (Dienstag, 24 Juli 2018 03:58)

    Ich freue mich, dass ich mal wieder etwas über Heinz Rosmanneck, Psychotherapeut und Gründungspräsident des FVDP (Freier Verband Deutscher Psychologen, Psychotherapeuten und Psychologischer Berater e.V.) , leider umbenannt in Verband Freier Psychotherapeuten, Heilpraktiker für Psychotherapeuten und P. Berater e.V., etwas lesen kann.
    Ohne die Vorarbeit von Heinz Rosmanneck gäbe es die Psychologie-Ableger "Psychologischer Berater" und "Heilpraktiker für Psychotherapie" nicht, Helfende Berufe, die man verkürzt studieren kann und oft genau so effizient helfen können.
    Leider hört man wenig vom im Text erwähnten Dr. Rainer Wallerius. Auch er ist ein glänzender Pädagoge und Psychologischer Therapeut, der viel zu früh aus dem Präsidentenamt des FVDP / VFP e.V. gelobt wurde. Wer weiß was über Prof. Hans-Ulrich Ahlborn? Der Nachfolger von Heinz Rosmanneck und Rainer Johannes Wallerius? Jedenfalls haben wir den den 3 Therapeuten und Verbandspräsidenten viel zu verdanken im Bereicht alternative Psychologische Therapien und Hilfen.