Neues aus der Perinatalmedizin

Von Edelgard Richter 


In Berlin fand mit rund 2.500 Teilnehmern der Kongress der Deutschen Gesellschaft für Perinatale Medizin in Verbindung mit der Jahrestagung der Gesellschaft für Neonatologie und pädiatrische Intensivmedizin statt. Kongresspräsidenten waren Professor Dr. Klaus Vetter und Professor Dr. Rainer Rossi, beide vom Vivantes Klinikum Neukölln in Berlin.


Den Fachärztinnen und Fachärzten für Geburtshilfe sowie für Neugeborenen- und pädiatrische Intensivmedizin sowie Hebammen und Kinderkrankenschwestern einschließlich der Spezialisten für vorgeburtliche Diagnostik und Therapie wurde ein umfangreiches Programm mit Vorträgen und Workshops geboten. In fachübergreifenden Foren standen unter anderem die Versorgung der Frühchen im internationalen Vergleich, die Rückkehr zur natürlichen Geburt, Entbindungen in Geburtshäusern, lebensrettender Ultraschall oder die ökonomischen und psychischen Belastungen der Familie nach der Geburt von Frühchen zur Diskussion. Obwohl die perinatale Versorgung der Frühchen in Deutschland einen hohen Standard hat, stellte Professor Dr. Michael Obladen, Charité Berlin, fest, dass die Versorgung dieser Kinder in Finnland und Portugal wesentlich besser ist. Es wäre wünschenswert auch in Deutschland spezielle Perinatalzentren einzurichten, weil die Erstversorgung von Frühgeborenen nach der Geburt sowie die manchmal monatelang dauernde Intensivbehandlung nicht nur den Einsatz komplizierter Techniken, sondern auch besondere Erfahrung erfordert.


Dazu ergänzte Professor Dr. Dieter Wolke, University of Warwick, Coventry/Großbritannien, dass derzeit 30 bis 40 Prozent der vor der 26. Schwangerschaftswoche geborenen Kinder überleben, während sie vor 25 Jahren keine Überlebenschance hatten. Allerdings zeigen etwa 45 Prozent dieser Kinder mittlere bis schwere Auffälligkeiten, etwa Lernbehinderungen, Aufmerksamkeits- und emotionale Störungen, so dass viele eine Sonderschule besuchen und 57 Prozent unterstützenden Unterricht in der Regelschule benötigen. In diesem Zusammenhang berichteten zwei betroffene Mütter von der zeitaufwendigen Pflege der Kinder, die eine schwierige Situation für die Familie mit sich bringt, so dass die Mutter ihre berufliche Tätigkeit aufgeben muß. Um die Chancen des Kindes in Zukunft ein normales Leben führen zu können zu erhöhen, sollte Betreuung und Fürsorge unmittelbar nach der Geburt sofort einsetzen.


Dr. Babett Ramsauer, Vivantes-Kliniken Berlin, wies darauf hin, dass es einen Trend hin zum Kaiserschnitt nicht gibt. Tatsächlich würden lediglich etwa 30 Prozent der Schwangeren auf diese Weise entbunden. Auch würde zu wenig auf mögliche Komplikationen bei einer Schnittentbindung hingewiesen.


Zur Frage der Geburtshäuser äußerte sich Professor Dr. Bernd Hackelöer, Asklepios Klinik Barmbek in Hamburg. Obwohl die Geburtshäuser die gleichen Qualitätsstandards wie die geburtshilflichen Abteilungen der Krankenhäuser anbieten wollen, kommt es trotz aller Bemühungen um eine Risikoabwägung vor der Geburt häufig zu Komplikationen, die sich nicht vorhersagen lassen, so dass dann die Verlegung in ein Krankenhaus notwendig ist, die fast immer zu lange dauert. Etwa ein Drittel aller Geburten in Geburtshäusern muß abgebrochen und die Verlegung in eine Klinik veranlasst werden. Es ist jedoch die Entscheidung der Schwangeren, wo sie entbinden und ein größeres Risiko in Kauf nehmen will.


Ob Ultraschall-Untersuchungen Mutter und Kind mehr schaden als nutzen: Dieser Frage ging Professor Dr. Klaus Vetter von den Vivantes-Klinken Berlin, nach und stellte fest, dass sie noch immer die beste Möglichkeit ist, Fehlbildungen frühzeitig zu erkennen. Schließlich geht es um das Leben von Mutter und Kind. So ist das rechtzeitige Erkennen von Plazentastörungen von größter Bedeutung, denn sie gefährden das Leben von Mutter und Kind. Auch Fehlbildungen des Kindes sind mit Ultraschall frühzeitig erkennbar; beispielsweise bestimmte Herzfehler oder ein nicht richtig ausgebildetes Zwerchfell. In solch einem Fall kann die Entbildung entsprechend vorbereitet oder rechtzeitig Medikamente gegeben werden. Eine Strahlenschädigung ist nicht möglich.


E.R./ Dela Press


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