Vielseitigkeit als Profession: 100 Jahre Gunther Philipp

Von Ramin Rowghani

 

Im Juni 2018 wäre Gunther Philipp 100 Jahre alt geworden. War er in den 50ern und 60er im gesamten deutschsprachigen Raum ein gefeierter Film- und Theaterstar, so ist er zu seinem 100. Geburtstag nur noch einem kleinen Kreis Filmfreudiger in besonderer Erinnerung geblieben, obwohl er mehr als 150 Filme drehte. Der große und wortgewaltige Geza von Cziffra bezeichnete Gunther Philipp als "wirklichen Schauspieler, im Gegensatz zu Peter Alexander, mit dem ich zwar auch viele Filme gemacht habe, aber der war ein Sänger!"

 

Wer an Gunther Philipp denkt, muß unwillkürlich schmunzeln. Wenn man sich sein humoristisches Schaffen anschaut, dann erkennt man gleich: der Mann hat unentwegt gearbeitet und das alles (zumindest scheinbar) mit einer Leichtigkeit des Seins, Niederschläge und Depressionen gehörten nicht zum Wesen von Gunther Philipp. Die viel zu früh kürzlich verstorbene Sexologin und Astrologin Erika Berger sah in Gunther Philipp den Prototyp des Tierkreiszeichens "Zwilling", den "Hans Dampf in allen Gassen". Der österreichische Schauspieler, Arzt und Sportler Gunther Philipp starb am 2. Oktober 2003 in einer Bad Godesberger Rehabilitationsklinik, wie die Münchner Agentin des Künstlers, Ruth Killer, damals verkündete. Sah man ihn noch wenige Monate zuvor in Interviews und Fernsehsendungen, schien er fast unsterblich.

 

Philipp, der eigentlich Gunther Placheta hieß, studierte zunächst Medizin und arbeitete zeitweise als Stationsarzt in der Wiener Universitätsklinik für Neurologie und Psychiatrie. 

Später wurde er Komiker und erlangte schon früh Kult-Status, seine Rollen z.B. an der Seite von Peter Alexander bleiben unvergessen.

Der am 8. Juni 1918 im rumänischen Siebenbürgen geborene Philipp war außerordentlich vielseitig, er gründete 1946 mit anderen das Kabarett  "Die Kleinen Vier". Nachdem er schließlich für den Film entdeckt wurde, gab er Ende 1949 den Arztberuf auf und widmete sich ganz seiner Schauspieler- und Autorentätigkeit, schrieb zahlreiche Drehbücher und Bühnenstücke.  Philipps Interesse an der Medizin blieb allerdings, er besuchte weiterhin freiwillig zahlreiche Fortbildungen, obwohl er wußte, daß er nicht mehr in diesen Beruf zurückkehren wird.

 

Gunther Philipp war zwischen 1950 und 1970 einer der beliebtesten Komiker des deutsch-österreichischen Unterhaltungskinos. Zu seinen bekanntesten Filmen zählten "Kaisermanöver" (1954), "Die Abenteuer des Grafen Bobby" (1961), "Liebesgrüße aus Tirol" (1964) und "Frau Wirtin treibt es jetzt noch toller" (1970). In diesen Streifen spielte er nach eigenem Bekenntnis meist den "Klamottenheini und Trottel vom Dienst".  Seine wohl einzige ernste Filmrolle übernahm er 1967 in dem Italowestern "Il Nero - Hass war sein Gebet". 

 

Sogar mit dem kürzlich verstorbenen italienischen Kultstar Bud Spencer spielte Gunther Philipp einen homosexuellen Schneidermeister, der den übergewichtigen Bud Spencer  einkleiden sollte, der Film "Banana Joe" war 1981 ein großer Erfolg und das Ausland schaute auf den deutschen Komiker, der mit der Rolle des Schneiders die Modebranche  satirisch auf die Schippe nahm.

Philipp schrieb vier Revuen und ca. 100 Hörfunksendungen, sowie mehr als 20 Filmdrehbücher. 1988 erschien sein Erinnerungsband "Mir hat's immer Spaß gemacht" ( Wer sagt' s denn, da haben wir seine Unbeschwertheit als Titel der Autobiographie) .

 

Gunther Philipp bleibt auch als hervorragender Sportler in Erinnerung: 1937 bis 1939 wurde er als schnellster Brustschwimmer Europas ausgezeichnet, insgesamt stellte er sechs österreichische Rekorde über 100 Meter auf. Ferner errang er zahlreiche Trophäen im Autorennsport.

 

Philipp war in vierter Ehe mit der jungen Gisela Kirchberg verheiratet und hinterläßt aus dieser Verbindung einen Sohn. Im Jahr 2002 scherzte  er in der NDR-Talkshow: "Ich hatte mich zunächst in die Füße meiner künftigen Frau  verliebt!" Sie lernten sich auf einem Ärztekongreß kennen, die Dr. med. Gunther Philipp auch mit über 80 noch regelmäßig besuchte. Aus einer früheren Ehe hatte er zwei Söhne.

 

Amerika hatte beispielsweise Bob Hope und Danny Kaye, der deutschsprachige Raum hatte Gunther Philipp, noch im Jahr seines Todes stand er an unserem Berliner Kurfürstendamm in "Da wird Daddy staunen"  bei Jürgen und Martin Wölfer auf der Bühne, das Fortspielen mußte er aber krankheitsbedingt abbrechen. Gunther Philipp würde sich im Grabe umdrehen, wenn er erlebt hätte, was mit den 96-Jahre alten Kudamm-Bühnen die Tage in Berlin geschieht: Abriß der Traditionshäuser - Wiederaufbau - zumindest in welcher Form - fraglich. 

 

Erstaunlicherweise wurde Gunther Philipp auf dem Kölner Melaten-Friedhof beerdigt und nicht in Österreich, allerdings dann doch mit allen österreichischen Titeln, die Titel, über die er sich immer wieder lustig machte, insbesondere, wie Österreich sie zur Schmeichelei nutzt: Dr. med. univ., (künsterlischer) Prof. und sein Geburtsname „Placheta“ wurde auch auf den Grabstein gesetzt.

 

 Wer Gunther Philipp einmal persönlich begegnet ist, behält die Leichtigkeit, Freundlichkeit  und Unbeschwertheit seines Wesens in Erinnerung, obwohl er auch als Studienabsolvent der Medizin, Psychologie und Philosophie ein intellektuelles Schwergewicht in der komödiantischen Welt war. 

 

R.R. (E.A.M. -Berlin 06-2018)

Kommentare: 1
  • #1

    Grit Schönlein (Mittwoch, 20 Juni 2018 05:36)

    Zum 100. Geburtstag habe ich in den Suchmaschinen YAHOO und GOOGLE nach dem großen Gunther Philipp gesucht. Schade, daß solche Komödianten heute wenig gewürdigt werden. Umso erfreulicher ist, daß dieser Artikel - pfiffig geschrieben - hier veröffentlicht ist. Und der Autor hat ihn exakt erkannt, danke! G. Schönlein