Deutsches Krebsforschungszentrum in der Helmholtz-Gemeinschaft
Krebskrank, weil die Eltern geraucht haben?
Wenn Eltern rauchen, legen sie den Grundstein für eine spätere Krebserkrankung ihres Kindes.
Passivrauchen in der Kindheit erhöht insbesondere das Risiko für Nasenkrebs. Darüber hinaus haben Kinder rauchender Mütter auch ein erhöhtes Risiko, an Blasen- oder Nierenkrebs zu erkranken – als Spätfolge der Exposition gegenüber Tabakabbauprodukten im Mutterleib und beim Stillen.
Die krebserregende Wirkung von Zigarettenrauch entfaltet sich über viele, auch indirekte Wege. So legt bereits das Rauchverhalten der Eltern Kindern Krebsrisiken in die Wiege, die unabhängig sind von ihrem späteren eigenen Nikotinkonsum und von erblichen Faktoren. Zu diesem Schluß kommen Professor Kari Hemminki und Dr. Bowang Chen, Abteilung Molekulargenetische Epidemiologie, Deutsches Krebsforschungszentrum, in einer Studie auf der Basis von Daten des nationalen schwedischen Familien-Krebsregisters, das Krebserkrankungen in schwedischen Familien über Generationen erfasst*.
Die Wissenschaftler wählten das Auftreten von Lungenkrebs als indirekten Indikator für den Tabakkonsum der Eltern und nahmen gezielt die Nachkommen von Lungenkrebspatienten in den Blick. Bei der Berechnung der Krebsrisiken berücksichtigten sie nur Organe, die als Zielorgane für die krebserregende Wirkung von Tabakprodukten bekannt sind.
Unter den verfügbaren Daten aus den Jahren 1958 bis 2002 identifizierten sie rund 18000 Mütter und 42000 Väter mit Lungenkrebs. Bei den Nachkommen dieser Personen waren nahezu 174000 Krebserkrankungen bei Menschen im Alter von 0 bis 70 Jahren verzeichnet. Durch den Vergleich mit den Erkrankungsraten bei Nachkommen nicht rauchender Eltern konnten die Wissenschaftler spezifische Krebsrisiken berechnen, die nicht mit den eigenen Rauchgewohnheiten der Betroffenen oder mit erblichen Risiken zu erklären sind.
Bei Kindern rauchender Mütter zeigte sich ein erhöhtes Risiko für Krebserkrankungen der oberen Luftwege (standardized incidence ratio SIR: 1,45), Nasenkrebs (2,93, d. h. fast dreifach erhöhtes Risiko), Lungenkrebs (1,71), Blasenkrebs (1,52) und in einer Altersgruppe auch für Nierenkrebs 6,41). Nachkommenmännlicher Lungenkrebspatienten wiesen ebenfalls ein erhöhtes Risiko für Nasenkrebs (insbesondere für adenoidzystische Karzinome, SIR: 7,73) und etliche andere Krebsarten auf, nicht jedoch für Blasen- und Nierenkrebs.
„Die Effekte auf Blase und Nieren sind unabhängig vom Rauchverhalten des Vaters und daher vermutlich der Exposition gegenüber Nikotinabbauprodukten zuzuschreiben, die das Kind einer rauchenden Mutter im Mutterleib bzw. mit der Muttermilch aufnimmt und über Nieren und Blase ausscheidet. Diese Organe scheinen in der Wachstumsphase gegenüber besonders empfindlich zu sein“, vermutet Hemminki.
Dagegen ist das erhöhte Nasenkrebsrisiko offenbar durch Passivrauchen in der Kindheit getriggert, weil es unabhängig davon auftrat, welcher Elternteil rauchte.
* Kari Hemminki, Bowang Chen: “Parental lung cancer as predictor of cancer
risks in offspring: Clues about multiple routes of harmful influence?”,
International Journal of Cancer, Vorab-Veröffentlichung online 10. August
2005
Die Studie ist unter folgender DOI (wwww.doi.org) abrufbar:
10.1002/ijc.21387, Hemminki, Chen, “Parental lung cancer as predictor of
cancer risks in offspring: Clues about multiple routes of harmful
influence?”
Die Studie ist unter folgendem Link abrufbar (HTML-Format):
http://www3.interscience.wiley.com/cgi-bin/abstract/110578744/ABSTRACT
www.dkfz.de/pressemitteilungen
Dr. med. Julia Rautenstrauch
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