Bornemanns Eifersuchtstheorie und 20 Jahre später:
Ein spezifisch männlicher Affekt? oder: das anerzogene Produkt sexualrestriktiver Gesellschaftsordnungen
- 100 Jahre Ernest Bornemann -
Von Ramin Rowghani
Der besonders in den 70er und 80er Jahren bekannt gewordene Sexualwissenschaftler Prof.
Ernest Bornemann, der erst spät promovierte und es schließlich zu einer Professur brachte, entwickelte im Laufe seiner späten wissenschaftlichen Tätigkeit sehr eigene geisteswissenschaftliche
Theorien, u.a. auch zum Alltagsthema "Eifersucht".
Prof. Dr. Ernest Borneman (1915-1995) ist heute fast nur noch als Sexualforscher ein Begriff. Seine Bücher waren beliebte Werke der Wissenschaft, aber wurden auch durch seine zahlreichen
Fernsehauftritte dem breiten Publikum nahegebracht: „Lexikon der Liebe“ (1968), „Sex im Volksmund“ (1971), „Psychoanalyse des Geldes“ (1973), „Das Patriarchat“ (1975) oder „Das Geschlechtsleben
des Kindes“ (1985).
Schon im Alter von 17 arbeitete er zwar in Wilhelm Reichs Arbeitersexualklinik in Berlin
mit, doch die Sexualwissenschaft entdeckte der Spätberufene erst 30 Jahre später. Er begann nach reichlicher Forschung in der Musik - besonders liebte er den Jazz – sich Studien zur
Kinderpsychologie und Kindersexualität zu widmen, promovierte mit spätem Ehrgeiz erst mit über 60 und wurde schließlich Professor an den Universitäten Marburg und Salzburg.
Die Eifersucht begegnet uns eigentlich täglich, je nachdem, mit wievielen unterschiedlichen Menschen wir es zu tun haben. Eifersucht zwischen zwei Personen, die lange mit sich allein verbringen,
wie etwa auf einer einsamen Insel oder eingesperrt in einer Höhle etc., existiert praktisch nicht.
Dieses meist störende Phänomen entsteht, wenn eine dritte Person dazutritt, was mehr oder weniger böse und verheerende Folgen haben kann.
Im Laufe des zurückliegenden Jahrhunderts wurden unzählige Eifersuchtstheorien entwickelt mit sehr verschiedenen Ansätzen. Eine bisher weniger bekannte entwickelte Bornemann 1979 und nannte
sie:
Zur Genealogie der Eifersucht
In seiner Abhandlung beschreibt Ernest Bornemann die Eifersucht als sexuellen Niederschlag des Privateigentums und widerlegt die gängige Theorie, daß es im Tierreich ebenfalls Sexualneid gebe:
"Wenn die Männchen verschiedener Gattungen während der Brunst miteinander kämpfen, so tun sie das nicht aus Eifersucht, sondern zur Festlegung einer im Tierreich unerläßlichen Rangordnung.
Sie bestimmt bei einigen Gattungen die Reihenfolge des Geschlechtsverkehrs zwischen dominanten und subdominanten Tieren, bei keiner aber das Recht auf mehr als saisonale Ausschließlichkeit der
Kopulation eines bestimmen Weibchens mit einem bestimmten Männchen!"
Je weiter oben die Säugetiere stehen, desto geringer wird der Anspruch auf den ausschließlichen Gebrauch des Partners zum Sexualkontakt. Schimpansen erwiesen sich als unsere nächsten Artgenossen,
ihre DNS kommt uns im Vergleich zu anderen Affen am nächsten, bei ihnen geht die Initiative zum Sexualakt vom Weibchen aus, dulden aber die Paarung "ihres Männchen" mit einem anderen
"subdominanten" Weibchen. Ebenso gestatten die dominanten Männchen die Paarung "ihres Weibchens" mit anderen.
Am Beispiel des Paarungsverhaltens der Menschenaffen, insbesondere der Schimpansen, zieht Bornemann den Schluß, daß Eifersucht nicht nur ein spezifisch männlicher Affekt sei, sondern auch nur
unter bestimmten Bedingungen und in ganz bestimmten Gesellschaftsordnungen auftritt.
Frei von Eifersucht seien Kulturen, die kein Privateigentum kennen, sondern nur Gruppenbesitz. Die sexuelle Attraktion wird dort nach dem Erfolg des Individuums beim anderen Geschlecht bemessen.
Somit gilt eine Frau nicht dehalb als besonders spannend, weil sie Jungfrau geblieben ist, sondern weil sie besonders viel Erfahrung mit Männern hatte und somit besonders versiert im Umgang mit
Sexualität ist. Bornemann meint, daß sich in einem solchen Gefüge keine "Eifersucht herausbilden kann", wobei er allerdings vergißt, daß gerade durch eine solche Frau ein Minderwertigkeitskomplex
entstehen kann, bzw. sich ein bestehender Komplex verstärkt. Der Mann kann viel eher die Angst entwickeln, daß die Frau einen derartigen Erfahrungsschatz hat, daß SIE schnell mit dem Mann
unzufrieden wird, der ihr vielleicht nicht genügen kann.
Aus der Historie heraus ist Eifersucht besonders ersichtlich, wenn zwei Entwicklungsstränge konvergieren und gleichzeitig vorhanden sind. Bornemann nennt es: Privateigentum und Patriarchat. Es
ergebe sich der Anspruch des Mannes auf "legitime" Erben, was bedeute, der "Gebrauch" des Körpers der Frau sei zum Zweck der Zeugung "legitimer Söhne" vorbestimmt. Der Brautkauf wandelte sich in
der europäischen Geschichte von den Sippen zu Handlungen von Privatpersonen, also wurde sie aus der Herrschaft durch den Vater an den künftigen Schwiegersohn verkauft, um somit in eine neue
Unterordnung zu gelangen, was eine Unfreiheit auf weiter Strecke mit sich führte. Von einem (persönlichen) Regiment zum nächsten, eine Übertragung vom Vater zum Mann. Was wir heute als mangelndes
"Selbstbewußtsein" bezeichnen, heißt in der Psychologie "Selbstwertgefühl", und daß dieses in solchen "Transaktionen" schwer in Mitleidenschaft gezogen werden kann, ist keine Überraschung.
Laut Bornemann sei die Frau somit zur "Ware" geworden und ihr Sexualleben veränderte sich durch diese Tatsache. Im "matri-linearen Stadium" konnte die Frau noch über sich selbst, also auch über
ihre Sexualität verfügen und weder Vater noch Mann hatten sich über diesen freien Zustand beklagt: "Im Gegenteil, alles weist darauf hin, daß die Freizügigkeit der alten matrilinearen
Kulturen beiden Geschlechtern nur noch größere Selbstachtung verschafft hatte", womit wir beim heutigen "Selbstwertgefühl" angelangt sind. Seitdem aber die Frau zum Eigentum des Mannes
geworden war, wurde Freizügigkeit als Maßlo
sigkeit und Ehebruch als Diebstahl empfunden. Die Eifersucht war geboren.
Durch Degradierung der Frau zum Privateigentum des Mannes verteidigte der Mann sein Eigentum durch eine emotionale Form, die sich als Eifersucht schon im griechischen Pantheon niederschlug. Zeus
hatte mit der eifersüchtigen Hera zu kämpfen und Poseidon mit Amphitrite. Die beiden Frauen der griechischen Mythologie verfolgten nicht nur die Spielgefährtinnen ihrer Männer mit Rachegefühlen,
sondern zeigten auch in den anderen Aspekten des Lebens, die nicht mit Sexualität zu tun hatten, eine Form von Neid, der sie als Kreaturen der Privateigentum-Ära outet.
Eifersucht erweist sich in den meisen Theorien als eine Form von minderen Selbstwertgefühlen, Zweifel, Ängsten, Unsicherheit hinsichtlich des Partners, dem man vielleicht nicht (mehr) als
sexuell interessant erscheint, um eine enge Bindung an ihn zu erhalten. Dieses psychologische Phänomen des Besitzanspruchs richtet sich an Eigenschaften, über die man selbst verfügt oder nicht,
es sind u.a. Schönheit, Jugend, Intelligenz, Offenheit, Gelassenheit, Anziehungskraft, Charisma etc. Es sind Symptome des Zweifelns, ob man diese Eigenschaften in ausreichendem Maße selbst
besitzt, um dem Partner sexuell oder in jeglicher anderer Hinsicht genüge zu tun. Der Mann, der von zahlreichen Selbstzweifeln geplagt ist, der schönen, von allen Seiten bewundeten Frau zu
reichen, wird ständig denken, daß sie fremdgeht, es sei denn, sie schafft es, ihm zu verdeutlichen, wie einzigartig er für sie ist.
Mit dem Wort "Ehre" wird in besonders armen Familien überdeckt, daß das Selbstwertgefühl am Boden ist. Frau oder Schwester werden hart umkämpft, sogar noch heute ist es in seltenen Fällen
möglich, daß z.B. bestimmte orientalische Frauen von der Sippe dem europäischen Mann als Partner überlassen werden können. Schwere Auseinandersetzungen bis hin zur Tötung, die oft im Affekt
stattfindet, sind die Folge. Auf die Frage, wie es dazu kam, warum man sich zu einer solchen Greueltat hinreißen ließ, wird es oft mit "Ehre" begründet, die aus dem schweren
Minderwertigkeitsgefühl resultiert und demonstriert, daß es gerade mit der Ehre nicht gut bestellt ist.
Prof. Dr. Ernest Bornemann stellt fest, daß Eifersucht besonders häufig bei Frauen und Männern auftritt, die in ihrer Kindheit ein ungenügendes Maß an elterlicher Liebe empfangen haben. In diesen
Fällen drückt der Zweifel an Treue aus, daß unbewußt der Drang nach eigener Untreue herrscht, was wiederum zum Wunsch führt, sich die Anerkennung (die von den Eltern nicht kam) auch noch bei
anderen Liebespartnern zu holen: "Das heißt, man projiziert die eigenen Wünsche in den anderen und nimmt sie dort als Furcht vor den Wünschen und Taten des anderen wahr (...) So zeigt sich,
daß Eifersucht keineswegs ein angeborener Aspekt der "menschlichen Natur", sondern das anerzogene Produkt sexualrestriktiver Gesellschaftsordnungen ist." (Bornemann S.23)
Das Kuriosum: Ernest Bornemann wählte 1995 mit 80 Jahren den Freitod, weil sich seine junge Freundin einem anderen zuwandte. Im Jahr seines Todes zog der Berliner in seiner Heimatstadt ein
Resümee: „Der gemeinsame Nenner für die Aspekte meines Lebens ist eine irrsinnige Neugier. Nur wenn du hin- und hergeschüttelt wirst zwischen verschiedenen Dingen, bewahrst du dich vor der
Verknöcherung.“ (zit. nach: www.Jazzzeitung.de, 12-03)
Literatur: Körner, Heinz (Hg.): Eifersucht, Fellbach 1979
R.R. (E.A.M. 06-2017)
Matthias Baumgartner (Donnerstag, 15 Mai 2025 03:29)
...Produkt "sexualrestriktiver Gesellschaftsordnung" ist.
Die "Gesellschaftsordnung" zu dieser Zeit:
(Stichworte)
Wir sind hier knapp nach dem "Pillen-knick".
Wenn bereits Kinder gezeugt wurden (2-Kind-familie), dann stimmt der Vatikan im Sinne der Familienplanung und der ehelichen 'Pflichterfüllung' dem Gebrauch der Pille zu -
Geheuchelte Moral, menschengemachte Regel, die des Vatikans, über die Natur gestellt, über den Trieb, über die Funktion der Psyche als auf Emotivem und Cogitivem basierend.
Regeln für "Abtreibungen", Fristenlösung, aber keine Verwirklichung der Menschenrechte für die Frau (Arbeit-Bildung-Mutter), daher
43 % Abtreibungen inkl. Dunkelziffer.
Im Jahr 2000 sind
50 % der über 40-jährigen (60iger Jahrgänge) geschieden.
Die Qualität des Menschenrechtes über die eigene Physis zu verfügen, kann nicht aufgearbeitet sein, weil die Mediziner/Psychiater massiv das Thema "biologische Wirkung des Elektromagnetismus" sabotieren.
Die Ausbildung zur Diätassistentin können Sie (bei den 'Elisabethienen') nur verheiratet absolvieren - nicht in "wilder" Ehe.
(Oberösterreich)
Religionslehrer wurde entlassen (unlängst), weil er eine Freundin hatte.
(Tirol)
Minderjährige Schwangere mußte Schule verlassen.
(Kärnten)
Im "SEXUAL-LEXIKON" (1968) ist angemerkt, daß Hr. Dr. Ernest Borneman von der UNO aus Kanada nach Europa gebeten wurde, um hier "sexual-wissenschaftliche"
Arbeit zur Situation in Europa zu leisten.
("...es gibt nur einen einzigen Handkuß, und das ist der 'Wiener' Handkuß!".)
(1983 ? ) Der ORF war bei der Gerichtsverhandlung gegen Dr. Ernest Borneman anwesend, und hat vor dem Gerichtsgebäude auch gefilmt.
Gerichtsverhandlung wegen der Beschuldigung, daß die Werke "Matriarchat", "Patriarchat", "SEXUAL-LEXIKON", und die anderen Werke, mit welchen er sich bereits internationalem wissenschaftlichem Disput gestellt hat, und die Qualität der Werke als erwiesen gilt, daß die Werke "Pornographie" seien.
(ich habe der Gerichtsverhandlung beigewohnt).
"Handlanger" des Gerichtes war der "Pornojäger" Hummer.
Die sozialistische Jugend hatte die bevorstehende Gerichtsverhandlung puplic gemacht, von welcher hier der ORF bis heute nicht zu wissen scheint, trotz physischer Anwesenheit.
"...Produkt sexual-restriktiver Gesellschaftsordnung"!
Ich meine, es gibt Hintergründe für die Betrachtungen, und ein Hintergrund ist, daß die bis heute nicht widerlegten Werke nicht weiter pupliziert sind - sexualrestriktive Voreingenommenheit über das gesetzliche Kriterium "Stand der Wissenschaft" gestellt.
Ist es hier die Absicht seine Werke, ohne Intersubjektivierbarkeit seitens der Bevölkerung, akademisch zu devaluieren, bis sie in Vergessenheit geraten sind?!
In einem der Werke "Die Sexuelle Revolution", und "Die Massenpsychologie des Faschismus" (von Wilhelm Reich), ist über "NATÜRLICHE EIFERSUCHT" geschrieben.
Dr. Ernest Borneman hat sich mutig in den "österreichischen Sumpf" begeben, und sich dem Thema gestellt - irgendwann, wenn die Werke wieder veröffentlicht werden, werde ich hoffentlich auch Zeit finden, diese zu lesen.
...eine staubtrockene Sacher-Massoch-torte, braun, mit einer Figur aus reinem Zucker darauf - "Arsch mit Ohren" von hinten, im weißen Kittel - in den Proportionen der Schachfigur, die "Bauer" genannt wird,...
...und ein Zettel daran gehängt, auf welchem geschrieben steht:
"PSYCHIATER"!
Ich habe Hrn. Dr. Borneman persönlich gesehen, und es ist unmöglich, daß dieser Mensch Selbstmord begangen hat.
Warum ist in dem Disput nicht die Frage nach der Möglichkeit, DASZ ER ERMORDET WURDE ?!
Womit das Thema 'Eifersucht' relativiert wäre, und sollte es jetzt noch Priorität sein, sind wir der Realität etwas näher gekommen.
Mit freundlichen Grüßen
Hochachtungsvoll
Matthias Baumgartner
(geboren am 09. November 1964 in Österreich / Europa)
Kathrin Falter (Dienstag, 19 September 2017 06:41)
Liebe Kommentatorin Frau Böhm,
Ihr Wissen zum Freitod ist interessant, Prof. Bornemann sagte einmal in einer Diskussionsrunde, er würde sich umbringen, wenn er so krank ist, daß er nicht mehr alleine essen und auf die Toilette gehen könnte. Ob nicht auch dieser Zustand bei ihm der Grund war?
Alexandra Böhm (Sonntag, 02 Juli 2017 05:37)
Borneman hat meines Wissens nicht den Freitod gewählt, weil seine Partnerin sich einem anderen zuwandte, sondern weil der andere aus dem Bereich des BDSM kam und Borneman nicht damit zurechtkam, dass eine emanzipierte Frau sich auf einmal danach sehnte, sich jemandem unterwerfen zu dürfen.